Abenteuer Klassenfahrt

11. Februar 2014  •  Veröffentlicht in Freizeittipps, Interview, Übernachtung im Wald

INTERVIEW Unterwegs im Rothaargebirge. Das Ziel: eines von rund vierzig Jugendwaldheimen in Deutschland. Es stürmt, ein Regenschauer jagt den nächsten, rauer Ostwind weht. Links und rechts Wald, schmale Straßen, der nächste Ort ein paar Kilometer entfernt. Dann endlich liegt es vor mir und meiner neunjährigen Begleiterin, das Jugendwaldheim Gillerberg! Weiß getüncht, idyllisch, still. Von Kindern keine Spur. Kein Wunder, denn heute ist Sonntag. Die letzte Schulklasse ist Freitag abgereist, die nächste kommt am Montag. Ideal also für ein Interview mit dem Chef des Hauses, denn so ruhig ist es hier selten. Hubertus Melcher erwartet uns schon und lädt uns ein in sein Haus, das durch einen langen Flur direkt verbunden ist mit dem Jugendwaldheim. Hier auf dem Rothaarkamm in 605 Meter Höhe lebt der Förster zusammen mit seiner Familie und Hund Bella – und leitet seit 25 Jahren das Jugendwaldheim Gillerberg. Wochentags tummeln sich hier unter seinem Regiment bis zu vierzig Schülerinnen und Schüler. Die Schlafzimmer heißen Schwalbennest und Dachsbau, der Speiseraum Futterstelle, draußen locken Baumhaus und Insektenhotel zum Klettern und Beobachten und in der Eingangshalle begrüßt uns ein Schwein aus Holz. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und folgen dem Förster in die gemütliche Küche. Nach einem Glas Saft hat meine Begleiterin den Schock verdaut, heute das einzige Kind im Haus zu sein, und inspiziert heimlich die beiden Fuchsfelle, die im Flur über dem Treppengeländer hängen. Das Kind ist ein Stadtkind und grübelt die nächste Stunde nach über die Frage, wo der Rest des Fuchses jetzt wohl ist. Zeit genug also für ein Gespräch mit Hubertus Melcher über die Sonnen- und die Schattenseiten auf dem Gillerberg.

Sankt Hubertus, der Schutzpatron der Jäger! Wurde Ihnen Ihr Berufswunsch quasi in die Wiege gelegt, Hubertus?

Ich wollte tatsächlich schon als Kind Förster werden, aber es ist nicht so, wie man meinen könnte, dass ich aus einer Familie stamme, in der alle in vierter Generation Förster sind – und Oma, Opa, allesamt Jäger waren! Ich bin auch nicht mitten im Wald aufgewachsen, sondern am Waldrand in einer Kleinstadt im Sauerland. Aber natürlich war ich viel draußen – und meine Lieblingsbücher hatten Titel wie “Frühling im Försterhaus”, “Sommer im Försterhaus” oder “Im tiefen Forst”. (schmunzelt) So etwas prägt natürlich.

Wohin geht der Blick des Försters an einem unbeständigen Tag wie heute – zum Himmel oder zum Regenradar auf dem Handy?

(grinst) Ich habe gar keinen Regenradar, ich gucke tatsächlich nach oben, um die Wetterlage einzuschätzen. Und ich verfolge den Wetterbericht im Fernsehen. Bei Gewitterwarnung zum Beispiel gehe ich mit den Kindern gar nicht erst weit in den Wald hinein, sondern bleibe am Haus.

Und wenn es von morgens bis abends regnet – wie halten Sie Schüler und Lehrer bei Laune?

Wir sind keine Schönwetter-Einrichtung! Wir gehen raus, auch wenn es regnet oder kalt ist.  Im besten Fall  haben die Lehrer die Klassenfahrt gut vorbereitet, so dass die Kinder für eine Woche genug warme Regensachen und festes Schuhwerk dabei haben. Aber natürlich unterstützen wir, wo wir können, und haben für den Notfall im Keller eine Sammlung Gummistiefel in allen Größen. Eins ist  klar: wenn die Kinder frieren, ist alles Schiete, dann kann man noch so ein tolles Programm machen.

Was ist das Besondere an einem Jugendwaldheim?

Na ja, erst einmal sind wir hier mitten im Wald. Schon gleich nach der Ankunft am ersten Tag heißt es: Tür auf, rein in den Wald. In der Regel bleiben die Schulklassen für mindestens vier Übernachtungen und sind mit uns dreieinhalb Tage im Wald unterwegs. Dadurch ist eine andere Auseinandersetzung mit dem Wald möglich, als in Umweltbildungseinrichtungen, die die Kinder nur für zwei, drei Stunden bei sich haben. In einer Woche addieren sich viele Erlebnisse – Streifzüge, praktische Waldeinsätze, Lagerfeuer, Nachtwanderungen und schließlich das freie Spielen im Wald direkt hinterm Haus, was uns auch sehr wichtig ist.

Außerschulischer Lernort mit Tradition

Das erste Jugendwaldheim wurde 1949 im Harz in Niedersachsen gegründet. Hintergrund war, dass die im 2. Weltkrieg durch Kahlschläge und Reparationshiebe zerstörten und stark dezimierten Waldflächen aufgeforstet werden mussten. Anfangs holte man dazu auf Initiative der frisch gegründeten Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Jugendgruppen und Schulklassen zu Einsätzen in den Wald. Nach und nach entstanden dann aus den anfänglichen Zeltlagern erste Jugendwaldheime, die sich im Laufe der Zeit zu modernen Umweltbildungseinrichtungen entwickelt haben. Hier lernen Kinder und Jugendliche über mehrere Tage den Lebensraum Wald kennen, helfen bei der Waldpflege und erfahren viel über Wald- und Forstwirtschaft. Bundesweit gibt es rund 40 Jugendwaldheime, die allesamt von Förstern mit pädagogischer Erfahrung geleitet werden; die Konzepte der einzelnen Häuser unterscheiden sich allerdings von Bundesland zu Bundesland, was das Alter der Kinder, Schwerpunkte, Dauer der Aufenthalte und Trägerschaft betrifft.


Was bedeutet “praktischer Waldeinsatz”?

Im Jugendwaldheim verrichten die Klassen an der Seite von Forstwirten richtige Waldarbeit! Die Schüler bekommen eine Bügelsäge in die Hand, dürfen selbst sägen, Bäume pflanzen, bei Entbuschungsmaßnahmen handanlegen. Sie helfen mit, je nachdem was in der jeweiligen Jahreszeit zu tun ist. Die Kinder finden es irre, dass wir ihnen so etwas zutrauen! Den zweiten Schwerpunkt im Jugendwaldheim bilden die Streifzüge, bei denen wir abseits geschotterter Wege im Wald unterwegs sind! Hier geht es um Motorik, ums Beobachten und Erforschen, darum, den Wald mit allen Sinnen zu erleben. Waldsauerklee schmecken, über einen Baumstamm balancieren und vieles andere. Auf den Streifzügen vermitteln wir sehr viele Dinge, die von rein kognitiven Erklärungen weggehen. Wir wollen, dass die Kinder am Ende der Woche viel über den Wald erfahren haben, aber nicht in dem Sinne von: Hier ist ne Liste – das müsst ihr hinterher alles können und wissen! So nicht.

Streifzüge durch die Natur kontra Medienkonsum – wie schwer ist es für Sie, die Kinder von heute für den Wald zu begeistern?

Das gibt es natürlich: Kinder, die gedanklich nur bei dem neuen Computerspiel zuhause sind oder sich mit irgendwelchen Fernsehserien beschäftigen. Für meine Mitarbeiter und mich ist es nicht leicht, diese Schüler ins Boot zu holen und durch spannende Dinge draußen davon wegzulocken. Bei manchen gelingt es, bei anderen nicht. Es gibt Streifzüge, da unterhalten sich die Kinder zehn Minuten über Harry Potter und kriegen nicht mit, was vor ihrer Nase passiert. Andere Kinder wiederum sind so weit weg vom Naturraum Wald, dass sie schon das Sich-Schmutzig-Machen schrecklich finden. Aber meistens ist es umgekehrt, sie kommen am ersten Tag gestylt und geschminkt an – und am zweiten Tag sind sie saudreckig von der Waldarbeit, ohne dass es ihnen noch was ausmachen würde. Das ist natürlich klasse, wenn wir merken, dass wir diese Kinder erreicht haben.

Der  Tagesablauf im Jugendwaldheim ist straff organisiert..

Wir merken immer wieder, dass die Kinder  feste Strukturen brauchen. Nach dem Frühstück um halb acht oder acht – die Jüngeren lassen wir etwas länger schlafen -  treffen wir uns für eine halbe Stunde in unserem Seminarraum, dem „Ansitz“, um einen kurzen inhaltlichen Input zum Thema des Tages (Waldfunktion, Lebensgemeinschaften im Wald, Baumbiologische Themen, Wachstum der Wälder, u.a.) zu geben – und dann geht es raus. Die Schulklassen werden aufgeteilt. Eine Gruppe macht für zwei, zweieinhalb Stunden einen Streifzug. Die andere Gruppe geht zum praktischen Waldeinsatz. Nach Mittagessen und Mittagsruhe werden die Gruppen getauscht und es geht wieder raus in den Wald bis um ca. 16 Uhr. Danach ist freie Zeit bis zum Abendessen.

P1000669

Haben die Schüler danach noch Energie oder fallen sie gleich nach dem Abendessen ins Bett, pardon, in den Adlerhorst oder Eichhörnchenkobel?!

Die Kinder sind noch fit! Nach dem Abendbrot ist Programm durch die Lehrer angesagt. Es ist jahreszeiten- und witterungsabhängig, ob sie noch draußen was machen oder Gruppenspiele im Haus. Ein Toperlebnis für ganz viele Kinder ist ein Lagerfeuerabend mit Stockbrot. Mitten im Wald, ein paar hundert Meter vom Haus entfernt, gibt es eine alte Köhlerhütte. Dort im Dunkeln ein Feuer zu machen, um sie herum nur Bäume, das sind so richtige Highlights.

.. und bleibende Erinnerungen für die Kinder!

Das ist das Schöne. Durch die unterschiedlichen Erfahrungsmöglichkeiten hier im Jugendwaldheimbetrieb haben die Kinder je nach ihren Eigenarten die Möglichkeit, “ihr Ding” zu finden. Die einen erinnern sich hinterher besonders gern an das freie Spielen im Wald oder daran, dass sie beim Streifzug in ein Schlammloch gefallen oder barfuß durch den Waldbach getapert sind. Andere denken daran, dass sie auf dem Gillerbergturm (Aussichtsturm ganz in der Nähe) standen und ihre Höhenangst überwunden haben. Wieder andere finden die Schleichpfade durch den Wald total irre, weil sie sich da wie im Dschungel fühlen. Es muss kein lang ausgewiesenes Wildnis- oder Naturschutzgebiet sein – für die Kinder ist schon der normale, der bewirtschaftete Wald absolute Wildnis, weil sie das von zu Hause nicht kennen.

Thema Nachhaltigkeit – inwieweit ist das im Jugendwaldheim Gillerberg mehr als nur ein Begriff?

Durch den Praxisbezug und die lange Aufenthaltsdauer ist die Chance, dass sich Nachhaltigkeit bei den Klassen verinnerlicht, besonders hoch! Ein Beispiel: Am Morgen im „Ansitz“ sprechen wir z.B. darüber, wie der Wald genutzt wird. Die Kinder fällen Bäumchen zur Pflege des Waldes, sägen selber Brennholz, gehen damit zur Köhlerhütte, machen Lagerfeuer, grillen darauf und merken: Ja, wir haben es jetzt warm und können die Würstchen grillen, weil wir die Energie dazu aus dem Wald hergeholt haben. Das erleben viele Kinder heutzutage sonst überhaupt nicht mehr. Ein anderes Beispiel: Wir haben im Jugendwaldheim eine Holzhackschnitzelheizung. Damit lässt sich unnötiger Energieverbrauch thematisieren. Die Kinder werden von mir drauf hingewiesen, dass die Fenster aufstanden bei voll aufgedrehter Heizung. Oder dass die Duschparty über ne halbe Stunde gedauert hat. Und dann stehen sie vor dem Hackschnitzellager und sehen, wie das leerer und leerer wird und merken auf einmal: Ja, wenn wir nicht vernünftig mit Energie umgehen, müssen im Wald „unnötig“ viele Bäume gefällt werden.

Welches Ziel stecken Sie sich bei jeder Klasse?

Wir als Einrichtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW wollen Verständnis für Wald und Natur wecken. Mir persönlich ist es wichtig, dass die Kinder bei uns ein kleines Stück zu Waldfreunden werden und positive Erlebnisse aus dem Wald mitnehmen! Und natürlich sollen sie sich im Jugendwaldheim  heimisch fühlen. Die Kinder müssen merken: Hier darf ich mich wohlfühlen, hier kann ich auch mal toben. Aber ich habe auch die Verantwortung fürs Haus und muss dafür sorgen, dass es in Ordnung bleibt. Wir sind hier ja kein Waldhotel! Die Schüler sind fest in die Aufgaben im Haus eingebunden und übernehmen z.B. “Revierdienste”, d.h. sie fegen nicht nur regelmäßig ihre Zimmer, sondern auch die Flure und Gemeinschafträume, helfen beim Tischdienst und in der Küche.

 

Boah, Klassenfahrt! Übernachten, Spaßhaben!

Das freie Spielen am Nachmittag im Wald, am Waldrand oder auf dem Bolzplatz steht bei einer Fahrt ins Jugendwaldheim natürlich ganz weit oben auf der Hitliste. Dass aber auch die Arbeit im Wald Spaß machen kann, erleben die Schüler jeden Tag - im Team und Seite an Seite mit den Forstwirten. Was dort zu tun ist, hängt von der Jahreszeit und den forstbetrieblichen Gegebenheiten ab. Außerhalb der Vegetationszeit (Spätherbst bis zeitiges Frühjahr) ist die Zeit der Pflanzungen. Im Sommer werden z.B. von Borkenkäfern befallene Bäume entrindet. Im Herbst können Baumsamen für die Baumschule gesammelt werden. Das ganze Jahr über werden Waldbestände, Waldränder und Biotope gepflegt, Waldwege freigeschnitten, Brennholz gesägt sowie Holzarbeiten im Werkraum durchgeführt.

 

Welche Schulklassen bzw. Schulen buchen eine Klassenfahrt ins Jugendwaldheim?

Wir haben alle Schultypen ab der vierten Klasse zu Gast. Am häufigsten buchen uns Grundschulen, aber auch die Sekundarstufe 1 mit Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Gymnasien, Förderschulen oder Waldorfschulen. Gymnasien sind allerdings selten dabei – und die Buchungen der Hauptschulen gehen zurück, einfach es von diesem Schultyp immer weniger gibt. Dabei ist für Hauptschüler der Aufenthalt hier von besonderem Wert wegen des praktischen Bezugs. Gerade Kinder, die im typischen Schulalltag untergehen, weil sie in ihren kognitiven Fähigkeiten nicht so leistungsstark sind, merken hier: Mensch ich kann was, ich schaff das! Umgekehrt wäre es aber auch für einen Biologie-Leistungskursler eine wichtige Erfahrung, mal im Gelände unterwegs zu sein und einen Baum zu sägen – aber Fahrten in der gymnasialen Oberstufe gehen nach Rom oder New York und nicht ins Jugendwaldheim…

Aus welchen Gegenden kommen die Schulen?

Wir haben um die 80 Prozent  Ballungsraumklassen. Jugendwaldheime für naturferne Städter – das war viele Jahre die Vorgabe, denn es hieß, die Klassen im ländlichen Raum hätten ja die Möglichkeit rauszukommen. Aber eins muss man deutlich sagen, unsere Gesellschaft hat sich verändert. Es gibt inzwischen viele Kinder in Dörfern oder kleinen Städten, die sich genauso in den digitalen Welten aufhalten wie sogenannte Großstadtkids und die nicht mehr raus gelassen werden von ihren Eltern aus irgendwelchen Ängsten heraus. Die spielen nie im Wald, obwohl sie ihn um die Ecke haben – und deshalb würde ich sagen:  Jedem Schüler, jeder Klasse würde ein Aufenthalt im Jugendwaldheim gut tun, nicht nur den Großstadtklassen.

... wurde 1962 erbaut. Es ist eine Einrichtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW und gehört zum Forstamt Siegen-Wittgenstein. Die enge Einbindung des Jugendwaldheims in die Gesamtorganisation der Forstverwaltung ermöglicht überhaupt erst den Zugriff auf die umliegenden Waldflächen und erleichtert Absprachen mit dem Revierförster, was forstliche Belange und die praktischen Waldeinsätze angeht. Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW betreibt übrigens insgesamt fünf Jugendwaldheime. Mit seiner Vielzahl von Einrichtungen und speziellen Tagesangeboten der Forstämter ist er der größte Umweltbildner in NRW.

 

Wie weit im Voraus sind Sie ausgebucht?

Die Klassen sollten sich so früh wie möglich anmelden, für 2015 habe ich z.B. nur noch zwei Wochen im Februar frei und für 2017 gibt es schon die ersten Reservierungen. In den sogenannten „Fahrten-Monaten“ Mai und September wollen natürlich immer alle am liebsten kommen. Es gibt aber zwölf Monate im Jahr, nicht nur zwei! Und: Wir können den Wald zu jeder Jahreszeit erleben, können auch bei Schnee praktische Waldeinsätze machen, Brennholz sägen – und natürlich ne Runde Schlittenfahren, immerhin sind wir hier auf 600 Meter Höhe! Übrigens stellen wir fest, dass vermehrt Schulen anfragen, ob sie auch für nur zwei Übernachtungen kommen können. Das passt zwar zu unserer schnelllebigen Zeit, aber das machen wir nicht. Vom Grundsatz her sind uns die mindestens einwöchigen Lehrgänge superwichtig, weil erst dann die Kinder richtig in den Wald eintauchen können.

Ist das Jugendwaldheim an den Wochenenden immer so leer wie heute?

Nein. Das Jugendwaldheim Gillerberg wird zu Zweidrittel genutzt als Jugendwaldheim der Forstverwaltung und zu einem Drittel vom Kreis Siegen-Wittgenstein, der das Haus am Wochenende und in den Ferienzeiten für Belegungsgruppen aller Art ab 20 Personen nutzt: Vereine, Wandergruppen, Familien. Damit haben wir eine recht hohe Auslastung, im Jahresschnitt sind wir an 280 Tagen belegt!

Waren Sie selbst früher auch mal auf Klassenfahrt in einem Jugendwaldheim?

Leider nein, aber ich habe als 19-jähriger junger Mann hier im Jugendwaldheim Gillerberg meinen Zivildienst gemacht und danach Forstwirtschaft studiert. Schon während des Studiums habe ich davon geträumt, eines Tages auf den Gillerberg zurück zu kehren. Gerade als ich meine Ausbildung gerade beendet hatte, wurde hier die Stelle als Leiter ausgeschrieben – es sollte also so sein, kann man vielleicht sagen… Auf jeden Fall habe ich meine Nische gefunden! Es ist für mich eine besonders schöne Aufgabe, Begleiter von Kindern zu sein, sie an die Natur heranführen zu dürfen, meine pädagogische Ader zum Einsatz zu bringen – und das alles mit dem forstlichen Hintergrund zu verbinden. Wenn Freitagvormittag die Kinder mit leuchtenden Augen vor mir stehen und ich merke, das ist nicht aufgesetzt, sondern ehrlich, wenn sie sagen: „Ich möchte gerne noch viel länger hier bleiben!“ – dann ist das etwas ganz Wertvolles.

Hubertus, im November feiern Sie Jubiläum, dann leiten Sie das Jugendwaldheim Gillerberg seit 25 Jahren – und das mit spürbar viel Liebe und Respekt für Mensch und Natur. Woher holen Sie sich immer wieder neuen Input?

Die Gefahr, im eigenen Saft zu schmoren, ist zweifelsohne da. Umso wichtiger ist der Austausch. Alle zwei Jahre findet zum Beispiel eine Bundestagung der Jugendwaldheime statt. Darüber hinaus treffen wir uns mit sämtlichen NRW-Jugendwaldheim-Kollegen (das Küchenpersonal genauso wie die Leitung) einmal im Jahr zu einem mehrtägigen Workshop. 2012 habe ich außerdem an einem bundesweit anerkannten Zertifikatslehrgang des Landesbetriebs Wald und Holz NRW teilgenommen und als  Zertifizierter Waldpädagoge abgeschlossen. Und ich bin Mitglied in der Steuerungsgruppe des Waldpädgaogisches Forum – das ist ein lockererer Zusammenschluss von in der Waldpädagogik Tätigen in NRW mit dem Auftrag, Fortbildungen zu organisieren. All das bereichert meine Arbeit, denn ich bekomme neue Anregungen und Zugänge, um manche Dinge einmal anders anzugehen!

 

Kontakt:
Jugendwaldheim Gillerberg, Hof Ginsberg 3, 57271 Hilchenbach
Mail: jugendwaldheim-gillerberg@wald-und-holz.nrw.de
www.wald-und-holz.nrw.de/walderleben/lernen-und-erleben/jugendwaldheime/jugendwaldheim-gillerberg.html

Team: Zwei Förster, zwei Forstwirte, das Küchen- bzw. Hausreinigungsteam, ein Bundesfreiwilligendienstler

Umgebung: Das Jugendwaldheim Gillerberg steht auf dem Rothaarkamm, genau auf der Rhein-Weser-Wasserscheide auf 605 Meter Höhe; es herrscht sehr raues Klima. Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist der dichtbewaldetste Kreis in ganz Deutschland. Direkt vor der Haustür befindet sich ein neu ausgewiesenes Wildnisgebiet mit 170-jährigen Buchen, großflächige Buchenwälder und Fichtenbestand; der Rothaarsteig verläuft hier.

Kosten: Der Kostensatz für eine Übernachtung im Jugendwaldheim Gillerberg liegt zur Zeit bei 15 Euro, ab 2015: 17,50 Euro. Über die aktuelle Belegungssituation informiert ein Jahreskalender auf der Website.