Diese Wanderung besticht durch Höhepunkte, die die Fantasie anregen, denn hier geht es um Zwergenzauber, geheimnisvolle Quellen und eine dunkle Höhle…

Ausgangspunkt:

St. Jakobus-Kapelle
51515 Kürten-Spitze, Wipperfürther Straße (L286)

Basics:

  • ca. 9 Kilometer lange Rundwanderung
  • für kleine Radfahrer und Kinderwagen geeignet (bis auf ein etwa 50 Meter langes Teilstück, auf dem improvisiert werden muss)
  • Asphalt, Wurzelboden, weicher Waldboden
  • Landstraße muss überquert werden
  • Sonne und Schatten wechseln sich ab
  • Einkehrmöglichkeiten auf der Hälfte der Strecke und am Ende
  • kein Notausstieg/keine Verkürzung möglich

Etappenziele:

  • Zwergenhöhle im Zwergenwald
  • Quelle des Strundebaches
  • Die durch Zwergenzauber versiegte Ur-Quelle

Beste Wanderzeit:

Zwischen April und Oktober gibt es Zeiten, in denen die Zwergenhöhle nicht mit einem Eisengitter verschlossen ist und –sofern man sich traut- betreten und genauer untersucht werden kann. Einfach ausprobieren. Aber selbst bei verschlossenem Gitter lohnt sich unbedingt ein Besuch dieses geheimnisumwobenen Ortes! Ansonsten ist die Wanderung für alle Jahreszeiten und Wetterlagen geeignet.

Vorbereitung:

Taschenlampe/Stirnlampe, Badethermometer

Parkmöglichkeiten:

Links neben der Jakobuskapelle befindet sich der Dorfplatz, auf dem geparkt kann, sofern gerade keine Veranstaltung stattfindet. Ansonsten gibt es direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite einen zur „Bergischen Wurstbraterei“ gehörenden Parkplatz. Wer im Imbiss nett fragt, darf dort stehen bleiben. Und vielleicht hat man ja nach der Wanderung Appetit auf ein leckeres Würstchen oder eine kalte Schorle!

Wir starten..

Damit wir uns erst einmal von der mehr oder weniger langen Anfahrt erholen können, gibt es zum Glück das schöne und verwunschene Gelände der Kapelle Sankt Jakobus. Das romantische kleine Gotteshaus aus dem 17. Jahrhundert steht zwar höchst ungünstig zwischen Feldern und Hauptverkehrsstraße – aber letztere vergisst man, wenn man unter den hohen Linden und Buchen oder zwischen sieben steinernen Stationskreuzen, Fußfälle genannt, umherwandelt. Zu Recht ist die Jakobskapelle offiziell als „kleines Heiligtum“ geadelt.

Was sind Fußfälle überhaupt?

Der Gang zu den Sieben Fußfällen stammt aus einer Zeit, als die Menschen noch keine ärztliche Versorgung hatten wie wir heute. Alte und kranke Menschen wurden nicht in Krankenhäusern oder Seniorenheimen gepflegt, sondern starben zuhause im stillen Kämmerlein. Allerdings hat die Dorfgemeinschaft seine Anteilnahme für das Leid des Kranken gezeigt. Und das geschah – in manchen Gemeinden ist das sogar heute noch so – durch das Beten der sieben Fußfälle, eine besonders fromme und ehrfürchtige Form des Gemeinschaftsbetens. War der schwerkranke Mensch eine Frau, so gingen sieben Mädchen bestimmte Kreuze in der Gemarkung ab, ließen sich gleichzeitig mit beiden Knien auf den Boden fallen und beteten an jeder Station entweder den schmerzhaften Rosenkranz oder sieben Vaterunser mit dem Zusatz „Herr, gib dem kranken, was ihm zum Heile dient!“ Wenn der Todkranke ein Mann war, wurde das Ritual von sieben Jungen durchgeführt. Eigentlich eine schöne Form des Abschiednehmens…

Nach diesem ersten Luftschnappen in ehrfürchtiger Atmosphäre wird es ernst und die Wanderung beginnt. Leider geht es erst einmal auf einem Fußweg entlang der Bechener Straße (L289), an der Shell-Tankstelle vorbei. Immerhin können Sie hier noch schnell den Proviant aufstocken, falls Ihre Familie plötzlich von einem Hungergefühl befallen wird, noch ehe sie drei Schritte gemacht hat, und Sie Angst haben, die geschmierten Butterbrote könnte nicht reichen..

Hat man diese 300 Meter überstanden, wird es bald wunderschön, versprochen. Wir folgen der Bechener Straße bis weit in die Kurve hinein. Nachdem wir die Straßenseite gewechselt haben, verlassen wir die Hauptstraße und biegen links ab  in Richtung „Bölinghoven“ (Wanderzeichen N, A4, Raute). Wenn wir die wenigen Häuser von Bölinghoven hinter uns gelassen haben, verlassen wir die kleine Asphaltstraße und biegen am letzten Haus links auf einem schmalen Weg in den Fichtenwald hinein. Über Wurzeln geht es durch den Wald abwärts (Achtung, nach etwa 300 Meter den Rechtsknick des Weges nicht verpassen), dann einen kleinen Pfad rechts hoch (Kinderwagenschiebende Erwachsene oder fahrradfahrende Kinder müssen sich die nächsten 50 Meter etwas einfallen lassen, sich entweder dünn machen und schieben oder das Rad Papas starken Armen überlassen…). Oben stoßen wir auf einen Waldweg, der abwärts führt und uns schon bald einen Blick auf den „Zauberwald“ mit der Zwergenhöhle eröffnet. Wir gehen abwärts, bis wir an einen asphaltierten Weg kommen, dem wir links folgen, bis wir kurz vor der Landstraße rechts abbiegen Richtung Waldrand. Und genau hier betreten wir das Reich der Zwerge. Je nachdem, wie viel Fantasie Sie oder Ihre Kinder haben.. (ACHTUNG: Aufgrund von großflächigen Baumrodungen hat sich die Streckenführung ein wenig verändert; der Weg ist aber dennoch erkennbar, die „Zauberhaftigkeit“ hat stellenweise allerdings etwas gelitten…)

Frau Betty rät:
Gehen Sie mit Ihren Kindern bei der nächstbesten Möglichkeit einmal in den Wald hinein (es gibt einen Weg (A6), den man, wenn man Lust und Kondition hat, bis oben zur Weide gehen kann). Seien Sie ganz leise. Und dann versuchen Sie sich vorzustellen, dass sie hier zu Gast sind im Reich der Zwerge, und gerade in diesem Augenblick argwöhnisch beäugt werden von den kleinen Kerlchen…

Wir gehen etwa einen Kilometer zwischen Zauberwald und Wiesen – es geht sanft abwärts und wer genau hinguckt, bemerkt ein Flussbett ohne Wasser… Was, liebe Wandersleut, könnte hier mit dem kleinen Bach, der Strunde, passiert sein? Wo ist das Wasser geblieben? Des Rätsels Lösung liegt bei der Zwergenhöhle und wird auch nicht vorher verraten! Unser Weg führt – ich gebe zu, auch ich war anfänglich erschrocken – geradewegs auf die L286 zu. Doch vorher sticht uns ein steinernes Wegkreuz am Waldrand ins Auge – und jetzt wird’s ernst. Wenn wir die Zwergenhöhle finden wollen, müssen wir uns in die Büsche schlagen und unseren sicheren Wanderweg verlassen. Wir kraxeln rechts neben dem Kreuz einen Trampelpfad hoch (mittlerweile ist im Rahmen der Regionale 2010 eine Hinweistafel installiert worden) hinauf in den Buchenwald. Und schon sind wir mitten drin in der Zauberwelt. Noch 100 Meter, dann liegt vor uns in einer verwunschenen Senke die Zwergenhöhle. Wir klettern ein paar Felsen runter und sehen dank einer Informationstafel vom Naturschutzbund, dass wir angekommen sind und die Taschenlampen rausholen können.

Frau Betty rät:
Rechnen Sie damit, dass Sie die Kinder hier nicht so schnell wieder weglocken können. Insofern ist das hier der ideale Ort für ein kleines Picknick – und für eine geheimnisumwitterte Sage, die unbedingt erzählt werden muss, damit es nachher zum nächsten Highlight gehen kann.

Die Quelle der Zwerge

Die Geschichte solle sich vor langer, langer Zeit so oder so  ähnlich zugetragen haben: Es war einmal ein Zwergenvolk, das von weit her gekommen ist, um sich in dieser Gegen niederzulassen. Ihr Zuhause wurde diese wundersame Höhle in der Nähe der Asenbornquelle, der Urquelle der Strunde. Die entsprang in alten Zeiten in dem Dorf Spitze, von wo aus das Wasser ins Strundetal floss. Die Zwerge haben sich gut mit den Dorfbwohnern verstanden, sie waren hilfsbreit und zu allerlei nütze. Die Zwergenmänner arbeiteten im Bergbau. Die Zwergenfrauen betrieben eine kleine Viehzucht – und die Zwergenkinder tollten den ganzen Tag durch den Zwergenwald und brachten jeden Tag neue Fundstücke mit in ihre Höhle. Die Zwergenfrauen ließen ihr Vieh, das ja nur wenig größer als die Zwerge war,  auf der Wiese vor der Höhle weiden – aber auch auf dern entfernteren Wiese des Müllers in Spitze, denn dort war das Gras besonders saftig und voller Wildkräuter. Der Spitze-Müller war ein reicher Mann, denn er besaß die erste Mühle an der Strunde, nur wenige Meter von der Strunde-Quelle entfernt. Doch sein Reichtum hatte ihn hartherzig und geizig gemacht. Er verbot den Zwerginnen, seine Weide neben der Mühle zu benutzen, und drohte damit, auf die Tier zu schießen. Das Zwergenvolk beriet sich noch am gleichen Abend in seiner Höhle, doch die Zwerge selber waren so gutmütig, dass sie sich nicht vorstellen konnten, dass ein Mensch wirklich böse sein könnte. Schließlich waren die Zwergenkühe doch so klein, dass sie seinen Kühen weiß  Gott nichts wegfraßen. Die Zwerge beschlossen, ihre Tiere in der nächsten Zeit vorsichtshalber vor ihrer Höhle weiden zu lassen. Aber wirklich ernst nahmen sie die Drohung des Müllers nicht. Als etwas Zeit verstrichen war, hatten sie seine Warnung fast schon vergessen. Eines Tages brachte eine Zwergin wieder ihre Kuh auf die Weide des Müllers. Wutentbrannt kam der Müller angelaufen, einen Stein in der Hand und wollte zuschlagen, da rief die Zwergin: „Schlägst Du ming Kau schwatz un brung, su sullst Du hollen ding Wasser zu Strung.“ (also in Herrenstrunden) Aber der Müller lachte bloß und schlug die Kuh tot. Da rannte die Zwergin wutschnaubend zum Bach und sprach unter beschwörend: „Stocke, stocke Asenborn, dich verwünschet Heidenzorn. Quille tiefer in dem Tal wieder and en Sonnenstrahl! Sprudle durch die finstre Macht zu Herrenstrunden aus der Nacht“ (oder so ähnlich, denn sie sprach ja in der Zwergensprache). Es geschah, wie sie gesagt hatte. Als der Müller zurück zur Mühle kam, war die Quelle versiegt und das Bachbett ohne einen Tropfen Wasser. Seine Mühle war wertlos geworden und er musste fort ziehen. Seitdem entspringt die Strunde in Herrenstrunden. Die Zwerge und ihre Kühe hat seitdem niemand mehr gesehen. Manche sagen, die Zwerge lebten noch in ihrer wunderlichen Höhle, aber würden sich nur noch herauswagen, wenn sie sicher sind, dass kein Mensch in ihrer Nähe ist…

Für denjenigen, der partout nicht an diese Zwergen-Mär glauben will, gibt es natürlich eine wissenschaftliche Erklärung, wohin das Wasser der Strunde verschwunden sein könnte! Der kalkhaltige Boden sorgt dafür, dass sich das Wasser in unterirdischen Hohlräumen sammelt und unterirdisch verläuft, bis es später als Quelle an die Oberfläche tritt.

Die Höhle ist eng, wer eine Stirnlampe dabei hat, ist gut bedient. Zwischen Oktober und April (… und zum Teil auch darüber hinaus!) ist der Höhleneingang mit einem schweren Eisengitter verschlossen. Und das hat nichts mit dem Geheimnis der Zwerge zu tun, sondern mit Fledermäusen, die hier in aller Ruhe überwintern wollen.

Wie überwintern Fledermäuse?

Die meisten von uns finden Fledermäuse gruselig und denken sofort an Vampire und andere Blutsauger. Tatsächlich aber sind Fledermäuse ganz possierliche Säugetiere, deren Besonderheit nicht nur darin liegt, dass sie fliegen können, sondern dass sie sich ausschließlich durch Echoortung orientieren, mit der sie selbst Tiere in Größe einer Mücke im Stockfinstern aufspüren und fangen können. Im Sommer schlafen Fledermäuse in Baumhöhlen oder Vogel- oder Fledermauskästen. Im Herbst aber geht es dann los mit den Vorbereitungen für den Winterschlaf, denn dann werden die Tage kühler und kürzer – und die für Fledermäuse so köstlichen Insekten verschwinden nach und nach. Wenn die Nahrung knapp wird, beginnen die Fledermäuse ihren Rückzug in die Winterquartiere. Das kann eine Höhle wie unsere Zwergenhöhle sein – aber auch Bergwerkstollen, Bunker, Holzstapel, alte Keller oder tiefe Baumhöhlen stehen bei Fledermäusen hoch im Kurs. Hauptsache es ist kühl und frostfrei! Wichtig ist immer, dass das Winterquartier eine hohe Luftfeuchtigkeit hat, damit die dünnen Flughäute nicht austrocknen! Zum Glück haben sich die Fledermäuse vorher ausreichend Fettpolster angefuttert, so dass sie die kalte Jahreszeit auch ohne Nahrung im Winterschlaf verbringen können. Winterschlafen heißt aber nicht einfach schlafen! Die Fledermäuse müssen im Winterschlaf ihren ganzen Organismus umstellen, denn jetzt sollten sie so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Zum Beispiel senken sie ihre Körpertemperatur auf ca. 2-10 ° Celsius und verlangsamen dadurch alle möglichen Körperfunktionen, z.B. ihre Atmung und ihren Herzschlag. Durch die Verlangsamung des Stoffwechsels nehmen die Fledermäuse weniger Sauerstoff zu sich und kommen mit einem Atemzug pro Stunde aus (zählt doch mal, wie viel Atemzüge ihr macht in einer Stunde!) Die Fledermäuse hängen entweder an der Höhlendecke oder zwängen sich in tiefe Spalten. Es gibt Fledermausarten (z.B. die Abendsegler), die zu mehreren dicht aneinander gekuschelt überwintern und sich so wärmen. Wenn ihr also im Winter eine Tour zur Zwergenhöhle macht, schlagt nicht gegen die Eisengitter oder macht unnötig Lärm, denn die Fledermäuse schlafen tief und fest – und sollten auf keinen Fall aufgeweckt werden! Denn beim Wachwerden verbrauchen die Tiere zuviel Energie. Werden sie häufiger geweckt, kann es sein, dass sie vorzeitig ihre Fettreserven verbrauchen und sterben.

Weiter geht’s zur Quelle der Strunde..

Wir verlassen die geheimnisvolle Zauberwelt, tasten uns den Pfad entlang des Weidezaun hinunter – und landen mit einem Schlag in der Realität und damit auf dem Wanderweg am steinernen Wegkreuz.

Trotzdem wollen wir natürlich herausfinden, wo genau die Strunde entspringt, nachdem die entrüstete Zwergenfrau die Quelle verlegt hat. Um diesen verzauberten Ort zu finden, müssen wir dem versiechten Bachlauf folgen Richtung Herrenstrunden. Doch das bedeutet, dass erst einmal die stark befahrene Landstraße (L286) überquert werden muss (für Zwerge stellten Straßen wie diese natürlich nie ein Problem dar. Sie sind ja als fleißige Arbeiter bekannt und haben einfach mit ihren kleinen Schaufelchen Tunnel gebaut, durch die sie sich auf die andere Seite geführt haben). Auf der anderen Straßenseite geht es aber glücklicherweise wieder direkt in den Wald hinein. Wir laufen zunächst entlang des versiechten Bachlaufs über einen schmalen Weg leicht bergauf, bleiben dabei auf dem breiten Forstweg, der sich nach etwa 400  Metern gabelt.  Wir halten uns rechts. Nach 300 Metern sind wir am Ziel. Rechts unten liegt sie, die Quelle der Strunde!

Wenn auch nicht ganz so verwunschen, wie sich die Romantiker unter uns eine Quelle vorstellen würden und nur etwa 100 Meter von der Kirche und damit der L286 in Herrenstrunden entfernt, ist sie die Quelle dennoch ein echtes Highlight, denn selten sieht man einmal so gut, woher eigentlich unser Wasser kommt! Hier blubbert und gluckert es, unentwegt steigen kleine Sauerstoffbläschen aus dem Untergrund an die Oberfläche.

Frau Betty rät:
Geht nicht einfach vorbei, sondern schaut und spürt genauer hin. Haltet die Füße rein, erfrischt euch mit dem kühlen Quellwasser. Stellt euch vor, wie sich das Zwergenvolk damals ins Fäustchen gelacht hat. Und: Schätzt einmal die Wassertemperatur! Wer ein Badethermometer mitgebracht hat, kann direkt nachmessen.

Frau Betty mahnt:
Das Wasser hat keine Trinkwasserqualität, ist also nicht geeignet, um die Trinkwasserflaschen aufzufüllen! Und: Bei der Strundequelle handelt es sich um ein einzigartiges Biotop, am Rand wachsen seltene Pflanzen! Also besonders aufpassen, dass es zu keinen Verunreinigungen kommt, auch Hunde gehören hier nicht ins Wasser!

„Sprudelt segenbringende Quellen Die ihr speiset die fleißige Strunde…“

So steht es in Stein gemeißelt am Rand der Quelle. Und es scheint zu stimmen, dass die kleine Strunde einer der fleißigsten Bäche Deutschlands ist. Fleißig, kraftvoll, mit hoher Fließgeschwindigkeit! Und das liegt am Kalkstein dicht unter dem Waldboden. Der nimmt gierig die Regenmassen auf, zersetzt sich und bildet Klüfte und Höhlungen, in denen sich die versickerten Niederschläge sammeln und mit hoher Durchlässigkeit nach oben drücken. Weil die Strunde so ungewöhnlich ergiebig ist, hat sie ohne langen Anlaufweg, schon wenige hundert Meter nach der Quelle, die erste Mühle angetrieben, die Malteser-Mühle (ist in Privatbesitz). Laut von Zuccalmaglio, einem Bergischen Schriftsteller im 19. Jahrhundert hat das Wasser der Strunde zu Hoch-Zeiten 51 Mühlen angetrieben (darunter die Papiermühle Alte Dombach, die unbedingt einen Besuch wert ist!), das bedeutet, dass man damals bei einem Gang entlang der Strunde etwa alle fünf Minuten eine Mühle klappern hörte. Die Strunde mündet nach etwa 20 Kilometern und einem Höhenunterschied von 200 Metern im Rhein bzw. unromantischerweise in einer Kläranlage in Köln-Stammheim. Über weite Strecken ist sie aufgrund dichter Bebauung in den Untergrund verlegt bzw. kanalisiert worden.

Etwa 50 Meter von der Hauptquelle entfernt liegt der ehemalige Teich der Johanniter-Komturei. In ihm sprudeln zahlreiche Nebenquellen. Er sieht unheimlich aus und ist es auch  – zumindest laut einer geheimnisvollen Sage..

Die Schlangenkönigin

Im tiefen Teich an der Quelle lebte vor langer, langer Zeit ein verzaubertes Wesen, die Schlangenkönigin! Sie war riesengroß und hatte eine wunderschöne, glitzernde Krone auf ihrem Schlangenkopf. Alle, die sie sahen, fürchteten sich. Es gab nur ein Kind, das keine Angst vor der Schlangenkönigin hatet. Es spielte mit ihr und teilte sich sogar seinen Brei. Die Schlangenkönigin war seine einzige Freundin, andere Spielgefährten hatte der kleine Junge nicht. Die anderen aus dem Dorf gingen dem Kind aus dem Weg, denn es stammte aus einer armen Familie, die erst vor einiger Zeit aus der Fremde nach Herrenstrunden gezogen war und in einer alten, halb verfallenen Hütte am Ortsrand lebte. Eines Tages machte sich ein Jüngling bei Vollmond auf den Weg zum Teich. Er war bekannt im Ort für sein freches Mundwerk und machte sich mit Vorliebe lustig über alle, die weniger klug und weniger reich waren als er. Der kleine Junge hatte oft unter ihm leiden müssen. Dieser Jüngling wollte nun die Krone der Schlange stehlen, denn er hatte gehört, dass sie sich auf diese Weise in eine wunderschöne Prinzessin verwandeln würde. Doch seine Dreistigkeit wurde bestraft. Kaum griff er nach ihrem Haupt, um die Krone zu nehmen, da zog ihn die Schlangenkönigin einfach in die Tiefe. Seitdem wurden beide nie wieder gesehen. Der kleine Junge aber wachte am anderen Morgen auf und fand vor seinem Bett eine kleine Truhe. Als er sie öffnete, traute er seinen Augen kaum. Darin befand sich die glitzernde Krone seiner Freundin, der Schlangenkönigin. Sie lag auf einem Berg aus Goldstücken. Fortan musste das Kind und seine Familie keinen Hunger mehr leiden, denn dank der Schlangenkönigin hatten sie für den Rest ihres Lebens ausgesorgt. Der Vater baute ein kleines schmuckes Haus, in dem sie bis ans Ende ihres Lebens glücklich zusammen waren. Die Krone der Schlangenkönigin war heiß begehrt und jeder aus dem Dorf wollte sie ansehen. Aber für den kleinen Jungen war die Krone sein größter Schatz und mher als ein schönes Schmuckstück. Die Krone war die Seele seiner liebsten Freundin  – und darum hat er sie irgendwo an einer Stelle im Wald vergraben, die nur er allein kennt..

Weiter geht’s in den Ort Herrenstrunden..

Von der Quelle sind es nur wenige Meter an der Kirche vorbei bis in den schönen historischen Ort. Leider führt mittendurch die Landstraße und macht ein gemütliches Bummeln mit Kindern nur schwer möglich. Trotzdem – wer noch eine Weile in Herrenstrunden bleiben will, wird sich nicht langweilen, denn es gibt entlang der Hauptstraße gerade für Geschichtsfans eine Menge zu besichtigen. Hier an der Strunde hatte sich nämlich im Mittelater der Malteser- bzw. Johanniterorden niedergelassen und eine Kommende gegründet, in denen Ordensangehörige lebten.

Die Sehenswürdigkeiten von Herrenstrunden im Schnelldurchlauf:

  • die Johanniterkommende. Sie besteht aus der Johanniterkirche, der Maltesermühle (im Privatebsitz) und der Malteserkomturei (im Privatbesitz).
  • Burg Zweiffel. Einst war die Burg das Zentrum eines ausgedehnten Gutes – der Bau der Landstraße hat diese Einheit allerdings zerschnitten, so dass auf der einen Straßenseit die gut erhaltene Burg steht, auf der anderen Straßenseite die früheren Hofgebäude, alte Mauerreste aus der Frühzeit der Burg und das „Herkenrather Tor“. Bis zum 14. Jahrhundert war die Burg Sitz derer von Strunde, dann übernahm die Kölner Patrizierfamilie von Zweiffel das Anwesen. Noch heute ist die Burg in Privatbesitz.
  • das alte Freibad, dessen Eingangsbereich unter Denkmalschutz steht (im Privatbesitz, z.Zt. als Biergarten in Betrieb)

Wer in Herrenstrunden rasten und einkehren will, für den gibt es erstaunlicherweise eine größere Anzahl von hochpreisigen Edel-Restraurants, die für Familien mit Kindern nicht unbedingt das Richtige sein dürften. Zwei einfachere gastronomische Betriebe  sind die Folgenden:

Einkehrtipps für Familien:

 Strunde-Island „Altes Freibad“ – Kürtener Straße 339, 51465 Bergisch Gladbach, Telefon: 02202/9649104
Ehemaliges Freibad von 1930 mit aufgeschüttetem Sand, Beachvolleyball-Feld; die sehenswerte hölzerne Eingangshalle steht unter Denkmalschutz, Biergarten mit Gastronomie

Zur Quelle der Strunde – Herrenstrunden 31, 51465 Bergisch Gladbach, Telefon: 02202/1882301
Rustikales Gasthaus

Weiter geht’s…

Von der Quelle kommend folgen wir der Hauptstraße, halten uns etwa 200 Meter links, bis in der Ortsmitte links der Trotzenburger Weg abgeht. Dem folgen wir bergauf, halten uns dabei links und kommen per asphaltiertem Hohlweg in den Wald.

Frau Betty rät:
Es könnte sein, dass an dieser Stelle ein wenig die Stimmung kippt, die Kinder sind müde, würden lieber im Biergarten oder auf dem Spielplatz bleiben. Lassen Sie sich hier was einfallen. Der Wald bietet sich an für Fantasiereisen, es ist ein Zauberwald, in dem höchstwahrscheinlich noch Zwerge und Trolle leben. Suchen Sie mit den Kindern aus Zwergen-Sicht nach Pfaden, Nahrung, Unterschlüpfen – oder machen Sie sich auf die Suche nach der vergrabenen Krone der Schlangenkönigin…

Wenn wir oben auf der Anhöhe sind, gibt es die Möglichkeit, vor dem Endspurt eine kleine Verschnaufpause einzulegen, denn Holzbänke und ein Tisch warten einladend an einer Weggabelung. Wir halten uns geradeaus und gehen auf einer kleinen Asphaltstraße über das freie Feld. Nach etwa 1 km erreichen wir eine kleine Streusiedlung. Auf der linken Seite der Straße, gerade hinter den letzten Wirtschaftsgebäuden eines Gehöfts erkennt man zwischen Straße und Wald einen sanften Hügel. An dieser Stelle, das versichert jedenfalls der Bauer, hat früher einmal die Trotzenburg gestanden. Wie von Geisterhand ist sie verschwunden – entweder hatten auch hier wieder irgendwelche Zauberkräfte ihre Finger im Spiel, oder die Burg ist bis auf die Mauern abgebrannt. Die restlichen Steine wurden in so einem Fall gerne von den Dorfbewohnern genommen, um andere Häuser aufzubauen. Fest steht, dass von der Trotzenburg nichts mehr zu sehen ist, obwohl das Gerücht geht, dass rechterhand des Weges im Wald noch irgendwo Reste einer Ringwallanlage zu finden sein sollen… Wer noch die Kraft hat, kann suchen, die anderen marschieren das Sträßchen weiter entlang, bis es die große Bensberger Landstraße erreicht. Dort halten wir uns links und biegen die zweite Straße,  Am Kloster, links ein. Die Straße führt bergab – und leider müssen wir noch einmal eine große Straße überqueren, die Bergisch Gladbacher Straße. Doch das ist wichtig, denn wir wollen doch am Ende unserer Wanderung noch einmal kurz ins Reich der Zwerge eintauchen – wenngleich es dazu einer großen Portion Fantasie bedarf. Das Sträßchen Dorpe führt uns nämlich sanft hinunter in eine kleine Talsohle hin zur Urquelle der Strunde. Damals hieß die Quelle Asenborn – und die Alten erzählen noch heute, dass die Asenborn in früheren Zeiten ein heiliger Ort war! Immerhin. Hier also hatte der geizige Müller seine Mühle stehen – solange, bis die Quelle durch Zwergenzauber versiegte und das Wasserrad der Mühle für immer stillstand. Dass es so war, lässt sich nur erahnen – zu sehen ist wenig, oder wenn man ehrlich ist: gar nichts. Aber eine schöne Geschichte ist’s schon, oder?

Von der Talsohle aus sind es nur noch wenige Minuten, bis wir am Parkplatz sind. Wir halten uns auf dem ansteigenden Sträßchen rechts und erreichen wieder die L289, die Bechener Straße. Wir wechseln die Straßenseite und gehen rechts, bis wir auch schon von weitem die bekannte Tankstelle sehen. Die lassen wir hinter uns und erreichen unseren Ausgangspunkt, die Jakobskapelle.

Einmal in eine andere Welt eintauchen, bitte!

Doch erst einmal fängt der Spaziergang durch den Hürtgenwald ziemlich nüchtern an: Der breite Forstweg, der zu einem der ältesten Biberreviere der Rureifel führt, beginnt am Parkplatz Glockenofen in Großhau und führt in großzügigen Kurven bergab hinunter zum Weberbach, den Sie die ganze Zeit tief unten im Tal plätschern hören. Unten am Ende des Forstweges stoßen Sie auf eine – unbefahrene – Asphaltstraße. Ab da lässt die Beschilderung zu wünschen übrig. Sie folgen der Straße aber einfach nach rechts (Richtung Wehebachtalsperre). Nach etwa zweihundert Metern entlang des Weberbaches ist klar, wer hier das Regiment übernommen hat, denn die Biberspuren sind überdeutlich! Wo man hinsieht: gefällte Bäume, Staudämme, Teiche, Burgen und angeknabberte Äste! Zumindest jetzt, im Februar, sieht das Gebiet am Bach gespenstisch aus… In einer Aussichtshütte aus Holz rechts am Waldrand kann man es sich bequem machen und auf das Auftauchen der Biber in der Dämmerung warten, denn abends werden sie aktiv. Doch selbst wenn Sie keinen einzigen Nager entdecken konnten – der Anblick des Biber-Reviers lohnt den Weg allemal! Zurück geht es auf dem gleichen Forstweg wie hin, falls Sie es gern langweilig haben. Oder Sie bleiben auf der Asphaltstraße – in umgekehrter Richtung bergauf- und achten ab jetzt wieder auf die Biber-Markierungen, die den offiziellen Biberpfad-Rundweg anzeigen. Oder aber Sie machen es so wie wir: Sie folgen der Asphaltsstraße in umgekehrter Richtung etwa einen Kilometer bergauf, bis die Straße eine scharfe, fast 180-Grad-Kehre nach rechts macht. An diesem Punkt verlassen Sie den asphaltierten Boden und betreten linkerhand einen schönen Waldweg, der Sie sanft hinunterführt an den Weberbach heran. Diesem verwunschenen Weg folgen  Sie etwa einen Kilometer bis zu einem Wildgatter, dort biegen Sie scharf nach links ab und gehen den breiten Weg bergan, bis Sie nach etwa 200 Metern wieder auf den eigentlichen Biberpfad stoßen und darauf noch die letzten Meter nach rechts Richtung Parkplatz Glockenofen gehen.

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  • Start? Wanderparkplatz Glockenofen, Frenkstraße, 52393 Hürtgenwald-Großhau
  • Länge? Die offiziell ausgeschilderte Variante: ca. 6 km, die von mir beschriebene: ca. 4 Kilometer
  • Begehbarkeit? Das Biberrevier ist gut per Rad, Kinderwagen, evtl. auch Rollstuhl zu erreichen – zurück ginge es dann aber auf dem gleichen Weg (und zwar die ganze Zeit bergauf, mit einer Steigung von teilweise mehr als sechs Prozent!)
  • Nicht vergessen: Fernglas einpacken!
  • Mehr Infos zu den Bibern in der Eifel gibt’s hier:
    http://www.eifelbiber.com/der-biber/baumeister-der-natur.html oder http://www.biostation-dueren.de/73-0-Projekt-Biber.html

Plage oder Gewinn?

Die Biologische Station Düren hat 2013 den Biberpfad im Hürtgenwald eröffnet, um so für Sympathie und Aufklärung bezüglich der Biber zu sorgen – denn tatsächlich ist nicht jeder begeistert, Biber in der Nachbarschaft zu haben. Biber leben eben nicht nur in einsamer, unberührter Natur, sondern es zieht sie auch in Dörfer und Städte und damit in unmittelbare Nähe des Menschen. Dort fällen sie Gartenbäume oder überfluten Viehweiden und sorgen damit für Konflikte. Durch gezielte Maßnahmen lassen sich diese meist leicht entschärfen. Wenden Sie sich mit Fragen an die Biologischen Stationen in Ihrer Gegend oder an die Biberberater der Biologische Station Düren! Dort erfahren Sie auch etwas über die umwerfend positiven Seiten der Biber, denn durch Ihre Lebensweise schaffen sie neuen, wertvollen Lebensraum für andere Tiere und Pflanzen!

Ob erster Kuss oder Heiratsantrag – der Liebesbankweg ist gemacht für romantische Seelen. Aber nicht nur. Auch Familien mit Kind & Kegel, Oma & Opa kommen auf ihre Kosten, denn hier gibt es auf knapp sieben Kilometern Abwechslung für alle!

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Das liegt natürlich zum einen an dem Dutzend liebevoll gestalteten Holzbänken mit weitem Blick über die Wälder des Hochsollings bis hin zum Teutoburger Wald, die so sehr  zum Verweilen einladen, dass aus dem geplanten kurzen Verdauungsspaziergang schon mal leicht ein ganzer Nachmittagsausflug werden kann und – ehe man sich versieht – die Sonne hinter dem Köterberg versinkt..

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Aber der Rundweg bietet noch mehr, zum Beispiel die Baum-des-Jahres-Allee. Die steckt zwar noch in den Kinderfüßen, doch schon jetzt sind am Wegrand gut markiert einige Bäume der letzten Jahre zu entdecken, von der Elsbeere und dem Traubeneiche über Lärche und Walnuss bis hin zum Feldahorn, dem Baum des Jahres 2015. Auf der Hälfte der Wegstrecke wartet der hölzerne Hochsollingturm mit seinen 33 Metern darauf, von schwindelfreien und höhenangstlosen Menschen bestiegen zu werden sollte. Der Rundblick lohnt!

Start: Geparkt wird am besten – von Neuhaus kommend – auf dem Wanderparkplatz am Ortsende von Silberborn. Von dort aus müssen wir zunächst ein Stück in den Ort hineinlaufen, bis wir linkerhand vor der Töpferei am Sträßchen „Hirtenhof“ auf den Einstieg zum Liebesbankweg stoßen.

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Erst mal geht es jetzt bergauf, aber schon hier gibt es genug „normale“ Bänke für eine kleine Verschnaufspause. Haben wir erst mal den Waldrand oben erreicht, geht es ohne weitere Anstiege der Beschilderung „Liebesbankweg“ entsprechend rechts entlang Richtung Süden, vorbei an Wiesen, Wochenendhäusern und der „Moosberghüte“ vom Deutschen Alpenverein. Ohne abzubiegen bleiben wir die ganze Zeit auf diesem Weg, bis wir den Sollingturm erreichen. Wer rauf geht (und nicht bloß den anderen beim Erklimmen zusieht..), wird belohnt – der Blick ist sensationell. Vom Fuß des Turmes aus folgen wir dem breiten Forstweg etwa hundert Meter bergauf, bevor wir am Gatter links den kleinen, schmalen und wunderschönen „Panoramaweg“ bzw. den überregional konzipierten „Weserberglandweg“ (von Hann. Münden bis Porta Westfalica) einschlagen. Ab jetzt marschieren wir immer am Waldrand oberhalb der Wiesen entlang.

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Idyllischer kann eine Pfad nicht sein – und abwechslungsreich dazu, denn nach wenigen hundert Metern stoßen wir auf einen Andachts-Ort der besonderen Art! Wer will, kann hier in sich gehen und einen (bunt bemalten oder beschrifteten) Kieselstein zum Dank an Gott ablegen…

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Weiter geht es. Nach etwa einem Kilometer gibt es an einer Abzweigung die Möglichkeit, die Strecke zu verkürzen, indem wir der Beschilderung folgen und talwärts Richtung Moosberghütte bzw. Silberborn laufen. An der Moosberghütte stoßen wir dann wieder auf den Liebesbankweg und gehen die schon bekannte Strecke in umgekehrter Richtung zurück. Wer die  Abzweigung links liegen lässt und auf dem Panoramweg bleibt, kann wenig später verschnaufen in einer Köhlerhütte in historischer Bauweise, bevor er oder sie (oder vielmehr das Liebespaar) den Beschilderungen Richtung Parkplatz Hochmoor Mecklenbruch folgt,  schließlich die befahrene L459 überquert und auf der anderen Seite am Waldrand entlang zurück spaziert zum Parkplatz, wo am Wochenende ein Stand mit Bratwurst und  Pommes wartet!

  • Start?  37603 Silberborn, Dasseler Straße, Wanderparkplatz Ortsausgang (Richtung Dassel)
  • Länge? Rundweg ca. 5-7 Kilometer
  • Begehbarkeit? Kaum Steigungen, für Alt & Jung zu jeder Jahreszeit gut zu laufen
  • Highlights? Bänke, Ausblick, Baum-des-Jahres-Allee, Hochsollingturm, Dank-Altar, Köhlerhütte in historischer Bauweise
  • Einkehrmöglichkeiten? Schöne Einkehrmöglichkeiten zum Drinnen- und Draußensitzen im Ort; Würstchenbude am Wanderparkplatz
  • Nicht vergessen: Wem der Sinn danach steht – Kieselstein und Stift einpacken für den Dank-Altar.

Mitten im tiefsten Fichtenwald ragt ein Kirchturm in den Himmel. Wer sich auf die Suche macht, entdeckt auf einer Lichtung das dazugehörige Kirchlein und ein Schulhaus. Mehr ist nicht geblieben von Leopoldsreut, dem Dorf im Bayerischen Wald an der Grenze zu Tschechien, in dem die Großmutter von Peter Hofer geboren und aufgewachsen ist. Hofer, Theologe, Lehrer und Autor, hat als Kind oft die Ferien bei der Oma verbracht. Seine Beziehung zum Dorf ist noch immer eine ganz besondere, dabei ist der letzte Einwohner vor mehr als 50 Jahren gegangen und längst hat der Wald Besitz genommen von dem was Leopoldsreut war. Peter Hofer hat sich auf Spurensuche begeben und erzählt in seinem Bildband „Leopoldsreut – Das verschwundene Dorf“ von der Geschichte des Ortes und von seinen Menschen. Eine Geschichte, die Leser und Betrachter auf mystische Weise in ihren Bann zieht, mitnimmt in Zeiten, die man sich hier in Deutschland kaum noch vorstellen kann. Es geht um Entbehrung, Armut, Naturgewalten, aber auch um den Zusammenhalt einer Dorfgemeinschaft, Genügsamkeit, um Schmugglertum, Wagemut, Einfallsreichtum und Kampfgeist. Dort, wo es jetzt von Fichten nur so wimmelt, gab es zu Leopoldsreuter Zeiten keinen einzigen Baum, stattdessen standen zwanzig Bauernhäuser auf einem nackten, zugigen Gebirgskamm auf 1100 Meter Höhe.

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Es war eine der unwirtlichsten bewohnten Gegenden Bayerns. In der acht Monate währenden Winterzeit war das Dorf oft wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten. Weder Arzt noch Hebamme konnten vordringen, die Bewohner mussten Tunnel graben durch meterhohe Schneeberge, um ihre Häuser zu verlassen, und das sogar noch im Monat Juni. Das Leben war hart, der Boden karg, vom segensreichen Wirtschaftswunder der 50er Jahre ließ sich nur träumen, fließend Wasser oder Strom gab es bis zuletzt nicht. Viele der 150 Bewohner zogen weg. Diejenigen, die blieben, bestellten nicht mehr ihre Felder, sondern arbeiteten als Waldarbeiter im umliegenden Forst. Dann schließlich verließ auch die letzte Familie Leopoldsreut. Höfe und Wirtshaus wurden abgerissen, die Dorffläche mit Monokulturen aufgeforstet. Geblieben sind Kirche, Schulhaus – und die Erinnerungen. Mit Hilfe von ehemaligen Bewohnern und zahlreichen alten Fotografien ist es Autor Hofer gelungen, das Dorfleben von damals auf berührende Weise lebendig werden zu lassen und Leopoldsreut, der rauen Heimat seiner Großmutter,  mit diesem Buch ein  Denkmal zu setzen.

Übrigens: Die Schule ist verkauft – der Besitzer plant hier für die Zukunft ein Ausflugslokal. Damit Leopoldsreut nie in Vergessenheit gerät, wurde auf der Dorffläche von einst eine Gedenkstätte errichtet mit Geschichtstafeln an den ehemaligen Hausstellen und Plätzen zum Ausruhen und Brotzeitmachen.

Buchtipp der Redaktion: Spannendes und berührendes Thema, tolles Buch, sehr empfehlenswert – nicht nur für Bayern und Historiker!

„Leopoldsreut – Das verschwundene Dorf“
Edition Lichtland, 128 Seiten, 29,7 x 21 cm, Gebundene Ausgabe

ISBN 978-3-942509-35-0
Preis: € 29,90

 

Umgestürzte Bäume, zugewachsene Pfade, morastige Tümpel, tiefes Dickicht – so „verwildert“ sieht man den deutschen Wald selten. Doch jetzt ist die Gelegenheit günstig, denn das nordrhein-westfälische Umweltministerium und der Landesbetrieb Wald und Holz NRW bieten bis in den Herbst hinein Wildniswanderungen an: Mit Försterinnen und Förstern auf Entdeckungstour durch die Wildnisgebiete Nordrhein-Westfalens! Okay, an Expeditionen in ferne Urwälder haftet per se der Geruch von Abenteuer; hier in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, ist es vielleicht eher ein Hauch.. Echte Urwälder, von Menschenhand gänzlich unberührt, gibt es in Deutschland nun mal nicht mehr. Wildnis hingegen schon. Seit 2009 hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen rund hundert Gebiete ausgewiesen, die sich im Laufe der Jahrzehnte zu Urwäldern von morgen entwickeln sollen, Eichen- und Buchenbestände zwischen 120 und 160 Jahre alt. In den Wildnisgebieten gibt es keinerlei forstliche Nutzung. Bäume werden nicht gefällt und entnommen, sondern bleiben bis zu ihrem natürlichen Lebensende – und darüber hinaus. Denn gerade die letzte Lebensphase, die Alters- und Zerfallphase, ist ökologisch besonders wertvoll für Bestand und Entwicklung der Artenvielfalt. Die Zahlen derweil sind alarmierend, denn auch in Nordrhein-Westfalen schreitet das Artensterben dramatisch  voran: Etwa 45 Prozent der hier beobachteten Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.

Wildnis – Menschen stören hier nur!

In NRW gibt es 300 Wildniswälder, die zusammengefasst 100 Wildnisgebiete ergeben. Das ergibt eine Fläche von 7800 ha; ein Hektar ist etwas größer als ein Fußballfeld! Man lässt diese Gebiete gezielt verwildern, damit sich – von Menschen ungestört – neue Tier- und Pflanzenarten ansiedeln können. Betreten darf man die Wildnisgebiete übrigens; häufig liegen sie aber in Naturschutzgebieten, in denen das Betreten abseits der Wege verboten ist! Bisher gehörten die Wildnisgebiete ausschließlich zum Staatswald, doch jetzt hat der erste Privatwaldbesitzer ein Zeichen gesetzt und seinen Wald in Größe von 500 Fußballfeldern als Wildnisgebiet zur Verfügung gestellt. Da zwei Drittel der nordrheinwestfälischen Wälder in privater Hand sind, ist auf generöse Nachahmer zu hoffen. Übrigens: während NRW momentan rund zehn Prozent (zusammengesetzt aus 100 Wildnisgebieten plus 70 Naturwaldzellen) des Staatswaldes verwildern lässt, ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 fünf Prozent der Waldfläche Deutschlands in Wildnisgebiete umzuwandeln.

Wildniswanderungen in Nordrhein-Westfalen –  Termine 2014:

Die Wanderungen sind kostenlos. Es bedarf keiner besonderen Fitness, festes Schuhwerk ist empfehlenswert. Keine Anmeldung erforderlich! Zeitrahmen: 10-12.30 Uhr

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Datum Wildnisgebiet Treffpunkt
04.05. 01.06. Wesel/Dämmerwald Kottenforst Schermbeck, Wanderparkplatz am Dämmerwald Röttgen, Parkplatz Jägerhäuschen an der L 261
05.06. Arnsberger Wald Arnsberg, Parkplatz am Jugenwaldheim Obereimer
22.06. Einsiedelei Lennestadt, Parkplatz an der Burg Bilstein
29.06. Egge Bad Lippspringe, Naturschutzzentrum Steinbeke
09.07. Rothaarkamm Hilchenbach, Bahnhof Vormwald
17.08. Siebengebirge Königswinter -Ittenbach, Parkplatz Kohlstraße
24.08. Schanze Schmallenberg, Parkplatz Schanze
31.08. Buchenwälder auf dem Leuscheid Eitorf, Parkplatz an der L86 bei Schiedsbach
07.09. Heisterholz Minden, Parkplatz an der B 61, Abzweig Graßhoffstraße
14.09. Hürtgenwald/Gürzenicher Bruch Düren-Langerwehe, Waldeinfahrt an der L25
21.09. Wälder bei Beverungen Beverungen, Abzweig an der L838 zwischen Jakobsberg und Haarbrücke
26.10. Wolbecker Tiergarten Münster-Wolbeck,Parklplatz an der K3, Wolbeck, Richtung Alverskirchen
09.11. Nationalpark Eifel Heimbach, Parkplatz Kermeter

Mehr Infos unter:
http://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/media/Dokumente/Waldschutz/wildniswanderung-2014.pdf

Ausflugsziel für die ganze Familie – und ein Muss für alle, die ein Faible haben für Nostalgie, Kultur und frische Waldluft! Der Märchenwald, gegründet 1931, mit seinen vertonten Gebrüder-Grimm-Märchen-Darstellungen ist ein kostbarer Schatz (der laufend modernisiert wird und dabei aufpassen muss, seine Seele nicht zu verlieren), in dessen Bann die Älteren von Kindheitstagen träumen und die Kinder von Hexen, Prinzen und der Gewissheit, dass am Ende das Gute siegt! Hat man Hänsel und Gretel, Rumpelstilzchen, Frau Holle & Co hinter sich gelassen, findet das nächste Großereignis statt, an einem Ort, an dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint: Im Märchenwald-Café werden zu jeder vollen Stunde  die Jalousien zugezogen und die Wasserorgel beginnt ihr Spiel, garniert mit klassischer Musik und farbiger Beleuchtung. Wohl dem, der sich rechtzeitig einen Tisch mit Sicht aufs Wasserspiel gesucht hat! Gestärkt mit Eis, Bergischen Waffeln oder Flammkuchen geht es dann zu Fuß auf der Hexenroute oberhalb der Dhünn zum Altenberger Dom hinunter – und nach einem Besuch desselben unten am Wasser entlang zurück zum Märchenwald-Parkplatz. Der kostet übrigens 3 Euro Parkgebühren, was den Ausflug zusammen mit Märchenwald-Eintritt und Speis & Trank nicht unbedingt zu einer preiswerten Angelegenheit macht.

Öffnungszeiten, Preise & mehr unter: https://maerchenwald-altenberg.de/

 

 

INTERVIEW

Unterwegs im Rothaargebirge. Das Ziel: eines von rund vierzig Jugendwaldheimen in Deutschland. Es stürmt, ein Regenschauer jagt den nächsten, rauer Ostwind weht. Links und rechts Wald, schmale Straßen, der nächste Ort ein paar Kilometer entfernt. Dann endlich liegt es vor mir und meiner neunjährigen Begleiterin, das Jugendwaldheim Gillerberg! Weiß getüncht, idyllisch, still. Von Kindern keine Spur. Kein Wunder, denn heute ist Sonntag. Die letzte Schulklasse ist Freitag abgereist, die nächste kommt am Montag. Ideal also für ein Interview mit dem Chef des Hauses, denn so ruhig ist es hier selten. Hubertus Melcher erwartet uns schon und lädt uns ein in sein Haus, das durch einen langen Flur direkt verbunden ist mit dem Jugendwaldheim. Hier auf dem Rothaarkamm in 605 Meter Höhe lebt der Förster zusammen mit seiner Familie und Hund Bella – und leitet seit 25 Jahren das Jugendwaldheim Gillerberg. Wochentags tummeln sich hier unter seinem Regiment bis zu vierzig Schülerinnen und Schüler. Die Schlafzimmer heißen Schwalbennest und Dachsbau, der Speiseraum Futterstelle, draußen locken Baumhaus und Insektenhotel zum Klettern und Beobachten und in der Eingangshalle begrüßt uns ein Schwein aus Holz. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und folgen dem Förster in die gemütliche Küche. Nach einem Glas Saft hat meine Begleiterin den Schock verdaut, heute das einzige Kind im Haus zu sein, und inspiziert heimlich die beiden Fuchsfelle, die im Flur über dem Treppengeländer hängen. Das Kind ist ein Stadtkind und grübelt die nächste Stunde nach über die Frage, wo der Rest des Fuchses jetzt wohl ist. Zeit genug also für ein Gespräch mit Hubertus Melcher über die Sonnen- und die Schattenseiten auf dem Gillerberg.

Sankt Hubertus, der Schutzpatron der Jäger! Wurde Ihnen Ihr Berufswunsch quasi in die Wiege gelegt, Hubertus?

Ich wollte tatsächlich schon als Kind Förster werden, aber es ist nicht so, wie man meinen könnte, dass ich aus einer Familie stamme, in der alle in vierter Generation Förster sind – und Oma, Opa, allesamt Jäger waren! Ich bin auch nicht mitten im Wald aufgewachsen, sondern am Waldrand in einer Kleinstadt im Sauerland. Aber natürlich war ich viel draußen – und meine Lieblingsbücher hatten Titel wie „Frühling im Försterhaus“, „Sommer im Försterhaus“ oder „Im tiefen Forst“. (schmunzelt) So etwas prägt natürlich.

Wohin geht der Blick des Försters an einem unbeständigen Tag wie heute – zum Himmel oder zum Regenradar auf dem Handy?

(grinst) Ich habe gar keinen Regenradar, ich gucke tatsächlich nach oben, um die Wetterlage einzuschätzen. Und ich verfolge den Wetterbericht im Fernsehen. Bei Gewitterwarnung zum Beispiel gehe ich mit den Kindern gar nicht erst weit in den Wald hinein, sondern bleibe am Haus.

Und wenn es von morgens bis abends regnet – wie halten Sie Schüler und Lehrer bei Laune?

Wir sind keine Schönwetter-Einrichtung! Wir gehen raus, auch wenn es regnet oder kalt ist.  Im besten Fall  haben die Lehrer die Klassenfahrt gut vorbereitet, so dass die Kinder für eine Woche genug warme Regensachen und festes Schuhwerk dabei haben. Aber natürlich unterstützen wir, wo wir können, und haben für den Notfall im Keller eine Sammlung Gummistiefel in allen Größen. Eins ist  klar: wenn die Kinder frieren, ist alles Schiete, dann kann man noch so ein tolles Programm machen.

Was ist das Besondere an einem Jugendwaldheim?

Na ja, erst einmal sind wir hier mitten im Wald. Schon gleich nach der Ankunft am ersten Tag heißt es: Tür auf, rein in den Wald. In der Regel bleiben die Schulklassen für mindestens vier Übernachtungen und sind mit uns dreieinhalb Tage im Wald unterwegs. Dadurch ist eine andere Auseinandersetzung mit dem Wald möglich, als in Umweltbildungseinrichtungen, die die Kinder nur für zwei, drei Stunden bei sich haben. In einer Woche addieren sich viele Erlebnisse – Streifzüge, praktische Waldeinsätze, Lagerfeuer, Nachtwanderungen und schließlich das freie Spielen im Wald direkt hinterm Haus, was uns auch sehr wichtig ist.

Jugendwaldheime in Deutschland – Außerschulischer Lernort mit Tradition

Das erste Jugendwaldheim wurde  1949 im Harz in Niedersachsen gegründet. Hintergrund war, dass die im 2. Weltkrieg durch Kahlschläge und Reparationshiebe zerstörten und stark dezimierten Waldflächen aufgeforstet werden mussten. Anfangs holte man dazu auf Initiative der frisch gegründeten Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Jugendgruppen und Schulklassen zu Einsätzen in den Wald. Nach und nach entstanden dann aus den anfänglichen Zeltlagern erste Jugendwaldheime, die sich im Laufe der Zeit zu modernen Umweltbildungseinrichtungen entwickelt haben. Hier lernen Kinder und Jugendliche über mehrere Tage den Lebensraum Wald kennen, helfen bei der Waldpflege und erfahren viel über Wald- und Forstwirtschaft. Bundesweit gibt es rund 40 Jugendwaldheime, die allesamt von Förstern mit pädagogischer Erfahrung geleitet werden; die Konzepte der einzelnen Häuser unterscheiden sich allerdings von Bundesland zu Bundesland, was das Alter der Kinder, Schwerpunkte, Dauer der Aufenthalte und Trägerschaft betrifft.


Was bedeutet „praktischer Waldeinsatz“?

Im Jugendwaldheim verrichten die Klassen an der Seite von Forstwirten richtige Waldarbeit! Die Schüler bekommen eine Bügelsäge in die Hand, dürfen selbst sägen, Bäume pflanzen, bei Entbuschungsmaßnahmen handanlegen. Sie helfen mit, je nachdem was in der jeweiligen Jahreszeit zu tun ist. Die Kinder finden es irre, dass wir ihnen so etwas zutrauen! Den zweiten Schwerpunkt im Jugendwaldheim bilden die Streifzüge, bei denen wir abseits geschotterter Wege im Wald unterwegs sind! Hier geht es um Motorik, ums Beobachten und Erforschen, darum, den Wald mit allen Sinnen zu erleben. Waldsauerklee schmecken, über einen Baumstamm balancieren und vieles andere. Auf den Streifzügen vermitteln wir sehr viele Dinge, die von rein kognitiven Erklärungen weggehen. Wir wollen, dass die Kinder am Ende der Woche viel über den Wald erfahren haben, aber nicht in dem Sinne von: Hier ist ne Liste – das müsst ihr hinterher alles können und wissen! So nicht.

Streifzüge durch die Natur kontra Medienkonsum – wie schwer ist es für Sie, die Kinder von heute für den Wald zu begeistern?

Das gibt es natürlich: Kinder, die gedanklich nur bei dem neuen Computerspiel zuhause sind oder sich mit irgendwelchen Fernsehserien beschäftigen. Für meine Mitarbeiter und mich ist es nicht leicht, diese Schüler ins Boot zu holen und durch spannende Dinge draußen davon wegzulocken. Bei manchen gelingt es, bei anderen nicht. Es gibt Streifzüge, da unterhalten sich die Kinder zehn Minuten über Harry Potter und kriegen nicht mit, was vor ihrer Nase passiert. Andere Kinder wiederum sind so weit weg vom Naturraum Wald, dass sie schon das Sich-Schmutzig-Machen schrecklich finden. Aber meistens ist es umgekehrt, sie kommen am ersten Tag gestylt und geschminkt an – und am zweiten Tag sind sie saudreckig von der Waldarbeit, ohne dass es ihnen noch was ausmachen würde. Das ist natürlich klasse, wenn wir merken, dass wir diese Kinder erreicht haben.

Der  Tagesablauf im Jugendwaldheim ist straff organisiert..

Wir merken immer wieder, dass die Kinder  feste Strukturen brauchen. Nach dem Frühstück um halb acht oder acht – die Jüngeren lassen wir etwas länger schlafen –  treffen wir uns für eine halbe Stunde in unserem Seminarraum, dem „Ansitz“, um einen kurzen inhaltlichen Input zum Thema des Tages (Waldfunktion, Lebensgemeinschaften im Wald, Baumbiologische Themen, Wachstum der Wälder, u.a.) zu geben – und dann geht es raus. Die Schulklassen werden aufgeteilt. Eine Gruppe macht für zwei, zweieinhalb Stunden einen Streifzug. Die andere Gruppe geht zum praktischen Waldeinsatz. Nach Mittagessen und Mittagsruhe werden die Gruppen getauscht und es geht wieder raus in den Wald bis um ca. 16 Uhr. Danach ist freie Zeit bis zum Abendessen.

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Haben die Schüler danach noch Energie oder fallen sie gleich nach dem Abendessen ins Bett, pardon, in den Adlerhorst oder Eichhörnchenkobel?!

Die Kinder sind noch fit! Nach dem Abendbrot ist Programm durch die Lehrer angesagt. Es ist jahreszeiten- und witterungsabhängig, ob sie noch draußen was machen oder Gruppenspiele im Haus. Ein Toperlebnis für ganz viele Kinder ist ein Lagerfeuerabend mit Stockbrot. Mitten im Wald, ein paar hundert Meter vom Haus entfernt, gibt es eine alte Köhlerhütte. Dort im Dunkeln ein Feuer zu machen, um sie herum nur Bäume, das sind so richtige Highlights.

.. und bleibende Erinnerungen für die Kinder!

Das ist das Schöne. Durch die unterschiedlichen Erfahrungsmöglichkeiten hier im Jugendwaldheimbetrieb haben die Kinder je nach ihren Eigenarten die Möglichkeit, „ihr Ding“ zu finden. Die einen erinnern sich hinterher besonders gern an das freie Spielen im Wald oder daran, dass sie beim Streifzug in ein Schlammloch gefallen oder barfuß durch den Waldbach getapert sind. Andere denken daran, dass sie auf dem Gillerbergturm (Aussichtsturm ganz in der Nähe) standen und ihre Höhenangst überwunden haben. Wieder andere finden die Schleichpfade durch den Wald total irre, weil sie sich da wie im Dschungel fühlen. Es muss kein lang ausgewiesenes Wildnis- oder Naturschutzgebiet sein – für die Kinder ist schon der normale, der bewirtschaftete Wald absolute Wildnis, weil sie das von zu Hause nicht kennen.

Thema Nachhaltigkeit – inwieweit ist das im Jugendwaldheim Gillerberg mehr als nur ein Begriff?

Durch den Praxisbezug und die lange Aufenthaltsdauer ist die Chance, dass sich Nachhaltigkeit bei den Klassen verinnerlicht, besonders hoch! Ein Beispiel: Am Morgen im „Ansitz“ sprechen wir z.B. darüber, wie der Wald genutzt wird. Die Kinder fällen Bäumchen zur Pflege des Waldes, sägen selber Brennholz, gehen damit zur Köhlerhütte, machen Lagerfeuer, grillen darauf und merken: Ja, wir haben es jetzt warm und können die Würstchen grillen, weil wir die Energie dazu aus dem Wald hergeholt haben. Das erleben viele Kinder heutzutage sonst überhaupt nicht mehr. Ein anderes Beispiel: Wir haben im Jugendwaldheim eine Holzhackschnitzelheizung. Damit lässt sich unnötiger Energieverbrauch thematisieren. Die Kinder werden von mir drauf hingewiesen, dass die Fenster aufstanden bei voll aufgedrehter Heizung. Oder dass die Duschparty über ne halbe Stunde gedauert hat. Und dann stehen sie vor dem Hackschnitzellager und sehen, wie das leerer und leerer wird und merken auf einmal: Ja, wenn wir nicht vernünftig mit Energie umgehen, müssen im Wald „unnötig“ viele Bäume gefällt werden.

Welches Ziel stecken Sie sich bei jeder Klasse?

Wir als Einrichtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW wollen Verständnis für Wald und Natur wecken. Mir persönlich ist es wichtig, dass die Kinder bei uns ein kleines Stück zu Waldfreunden werden und positive Erlebnisse aus dem Wald mitnehmen! Und natürlich sollen sie sich im Jugendwaldheim  heimisch fühlen. Die Kinder müssen merken: Hier darf ich mich wohlfühlen, hier kann ich auch mal toben. Aber ich habe auch die Verantwortung fürs Haus und muss dafür sorgen, dass es in Ordnung bleibt. Wir sind hier ja kein Waldhotel! Die Schüler sind fest in die Aufgaben im Haus eingebunden und übernehmen z.B. „Revierdienste“, d.h. sie fegen nicht nur regelmäßig ihre Zimmer, sondern auch die Flure und Gemeinschafträume, helfen beim Tischdienst und in der Küche.

Wieso arbeiten? – Boah, Klassenfahrt! Übernachten, Spaßhaben!

Das freie Spielen am Nachmittag im Wald, am Waldrand oder auf dem Bolzplatz steht bei einer Fahrt ins Jugendwaldheim natürlich ganz weit oben auf der Hitliste. Dass aber auch die Arbeit im Wald Spaß machen kann, erleben die Schüler jeden Tag – im Team und Seite an Seite mit den Forstwirten. Was dort zu tun ist, hängt von der Jahreszeit und den forstbetrieblichen Gegebenheiten ab. Außerhalb der Vegetationszeit (Spätherbst bis zeitiges Frühjahr) ist die Zeit der Pflanzungen. Im Sommer werden z.B. von Borkenkäfern befallene Bäume entrindet. Im Herbst können Baumsamen für die Baumschule gesammelt werden. Das ganze Jahr über werden Waldbestände, Waldränder und Biotope gepflegt, Waldwege freigeschnitten, Brennholz gesägt sowie Holzarbeiten im Werkraum durchgeführt.

Welche Schulklassen bzw. Schulen buchen eine Klassenfahrt ins Jugendwaldheim?

Wir haben alle Schultypen ab der vierten Klasse zu Gast. Am häufigsten buchen uns Grundschulen, aber auch die Sekundarstufe 1 mit Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Gymnasien, Förderschulen oder Waldorfschulen. Gymnasien sind allerdings selten dabei – und die Buchungen der Hauptschulen gehen zurück, einfach es von diesem Schultyp immer weniger gibt. Dabei ist für Hauptschüler der Aufenthalt hier von besonderem Wert wegen des praktischen Bezugs. Gerade Kinder, die im typischen Schulalltag untergehen, weil sie in ihren kognitiven Fähigkeiten nicht so leistungsstark sind, merken hier: Mensch ich kann was, ich schaff das! Umgekehrt wäre es aber auch für einen Biologie-Leistungskursler eine wichtige Erfahrung, mal im Gelände unterwegs zu sein und einen Baum zu sägen – aber Fahrten in der gymnasialen Oberstufe gehen nach Rom oder New York und nicht ins Jugendwaldheim…

Aus welchen Gegenden kommen die Schulen?

Wir haben um die 80 Prozent  Ballungsraumklassen. Jugendwaldheime für naturferne Städter – das war viele Jahre die Vorgabe, denn es hieß, die Klassen im ländlichen Raum hätten ja die Möglichkeit rauszukommen. Aber eins muss man deutlich sagen, unsere Gesellschaft hat sich verändert. Es gibt inzwischen viele Kinder in Dörfern oder kleinen Städten, die sich genauso in den digitalen Welten aufhalten wie sogenannte Großstadtkids und die nicht mehr raus gelassen werden von ihren Eltern aus irgendwelchen Ängsten heraus. Die spielen nie im Wald, obwohl sie ihn um die Ecke haben – und deshalb würde ich sagen:  Jedem Schüler, jeder Klasse würde ein Aufenthalt im Jugendwaldheim gut tun, nicht nur den Großstadtklassen.

Das Jugendwaldheim Gillerberg

wurde 1962 erbaut. Es ist eine Einrichtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW und gehört zum Forstamt Siegen-Wittgenstein. Die enge Einbindung des Jugendwaldheims in die Gesamtorganisation der Forstverwaltung ermöglicht überhaupt erst den Zugriff auf die umliegenden Waldflächen und erleichtert Absprachen mit dem Revierförster, was forstliche Belange und die praktischen Waldeinsätze angeht. Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW betreibt übrigens insgesamt fünf Jugendwaldheime. Mit seiner Vielzahl von Einrichtungen und speziellen Tagesangeboten der Forstämter ist er der größte Umweltbildner in NRW.

Wie weit im Voraus sind Sie ausgebucht?

Die Klassen sollten sich so früh wie möglich anmelden, für 2015 habe ich z.B. nur noch zwei Wochen im Februar frei und für 2017 gibt es schon die ersten Reservierungen. In den sogenannten „Fahrten-Monaten“ Mai und September wollen natürlich immer alle am liebsten kommen. Es gibt aber zwölf Monate im Jahr, nicht nur zwei! Und: Wir können den Wald zu jeder Jahreszeit erleben, können auch bei Schnee praktische Waldeinsätze machen, Brennholz sägen – und natürlich ne Runde Schlittenfahren, immerhin sind wir hier auf 600 Meter Höhe! Übrigens stellen wir fest, dass vermehrt Schulen anfragen, ob sie auch für nur zwei Übernachtungen kommen können. Das passt zwar zu unserer schnelllebigen Zeit, aber das machen wir nicht. Vom Grundsatz her sind uns die mindestens einwöchigen Lehrgänge superwichtig, weil erst dann die Kinder richtig in den Wald eintauchen können.

Ist das Jugendwaldheim an den Wochenenden immer so leer wie heute?

Nein. Das Jugendwaldheim Gillerberg wird zu Zweidrittel genutzt als Jugendwaldheim der Forstverwaltung und zu einem Drittel vom Kreis Siegen-Wittgenstein, der das Haus am Wochenende und in den Ferienzeiten für Belegungsgruppen aller Art ab 20 Personen nutzt: Vereine, Wandergruppen, Familien. Damit haben wir eine recht hohe Auslastung, im Jahresschnitt sind wir an 280 Tagen belegt!

Waren Sie selbst früher auch mal auf Klassenfahrt in einem Jugendwaldheim?

Leider nein, aber ich habe als 19-jähriger junger Mann hier im Jugendwaldheim Gillerberg meinen Zivildienst gemacht und danach Forstwirtschaft studiert. Schon während des Studiums habe ich davon geträumt, eines Tages auf den Gillerberg zurück zu kehren. Gerade als ich meine Ausbildung gerade beendet hatte, wurde hier die Stelle als Leiter ausgeschrieben – es sollte also so sein, kann man vielleicht sagen… Auf jeden Fall habe ich meine Nische gefunden! Es ist für mich eine besonders schöne Aufgabe, Begleiter von Kindern zu sein, sie an die Natur heranführen zu dürfen, meine pädagogische Ader zum Einsatz zu bringen – und das alles mit dem forstlichen Hintergrund zu verbinden. Wenn Freitagvormittag die Kinder mit leuchtenden Augen vor mir stehen und ich merke, das ist nicht aufgesetzt, sondern ehrlich, wenn sie sagen: „Ich möchte gerne noch viel länger hier bleiben!“ – dann ist das etwas ganz Wertvolles.

Hubertus, im November feiern Sie Jubiläum, dann leiten Sie das Jugendwaldheim Gillerberg seit 25 Jahren – und das mit spürbar viel Liebe und Respekt für Mensch und Natur. Woher holen Sie sich immer wieder neuen Input?

Die Gefahr, im eigenen Saft zu schmoren, ist zweifelsohne da. Umso wichtiger ist der Austausch. Alle zwei Jahre findet zum Beispiel eine Bundestagung der Jugendwaldheime statt. Darüber hinaus treffen wir uns mit sämtlichen NRW-Jugendwaldheim-Kollegen (das Küchenpersonal genauso wie die Leitung) einmal im Jahr zu einem mehrtägigen Workshop. 2012 habe ich außerdem an einem bundesweit anerkannten Zertifikatslehrgang des Landesbetriebs Wald und Holz NRW teilgenommen und als  Zertifizierter Waldpädagoge abgeschlossen. Und ich bin Mitglied in der Steuerungsgruppe des Waldpädgaogisches Forum – das ist ein lockererer Zusammenschluss von in der Waldpädagogik Tätigen in NRW mit dem Auftrag, Fortbildungen zu organisieren. All das bereichert meine Arbeit, denn ich bekomme neue Anregungen und Zugänge, um manche Dinge einmal anders anzugehen!

 

Kontakt:
Jugendwaldheim Gillerberg, Hof Ginsberg 3, 57271 Hilchenbach
Mail: jugendwaldheim-gillerberg@wald-und-holz.nrw.de
www.wald-und-holz.nrw.de/walderleben/lernen-und-erleben/jugendwaldheime/jugendwaldheim-gillerberg.html

Team: Zwei Förster, zwei Forstwirte, das Küchen- bzw. Hausreinigungsteam, ein Bundesfreiwilligendienstler

Umgebung: Das Jugendwaldheim Gillerberg steht auf dem Rothaarkamm, genau auf der Rhein-Weser-Wasserscheide auf 605 Meter Höhe; es herrscht sehr raues Klima. Der Kreis Siegen-Wittgenstein ist der dichtbewaldetste Kreis in ganz Deutschland. Direkt vor der Haustür befindet sich ein neu ausgewiesenes Wildnisgebiet mit 170-jährigen Buchen, großflächige Buchenwälder und Fichtenbestand; der Rothaarsteig verläuft hier.

Kosten: Der Kostensatz für eine Übernachtung im Jugendwaldheim Gillerberg liegt zur Zeit bei 15 Euro, ab 2015: 17,50 Euro. Über die aktuelle Belegungssituation informiert ein Jahreskalender auf der Website.

 

366813964b“Hast du mich vergessen? Ich bin dir nachgefolgt sieben Jahre lang, bin bei Sonne und Mond und den vier Winden gewesen und habe nach dir gefragt und habe dir geholfen gegen den Lindwurm, willst du mich denn ganz vergessen?” Das singende springende Löweneckerchen (Grimms Märchen)

Schattenwald – eine Theaterinszenierung mitten im Wald bei Dunkelheit!
Die wundersamen Figuren des Theater Anu aus Berlin laden ihr Publikum ein zu einer poetischen und sinnlichen Reise durch den nächtlichen Schattenwald. Mit Laternen bestückt werden die Besucher in Gruppen tief hinein geführt in den dunklen Wald, vorbei an Spielszenen, surrealen Traumbildern, magischen Licht- und Schattenspielen, dorthin wo Geister und Faune spuken und der Mensch den Göttern nahe ist. Eine leise, liebevolle Ode an die 200 Jahre alten Märchen der Gebrüder Grimm, die ohne den deutschen Wald undenkbar wären. Bezaubernd!

Aktuelle Termine  2014:

1.-3. Mai 2014 | Hameln
10./11. Mai 2014 | Garbsen
28.-30. August 2014 | Idar-Oberstein
4.-6. September 2014 | Kellerwald am Edersee
11.-13. September 2014 | Kassel
18.-20- September 2014 | Hameln
1.-4. Oktober 2014 | Heppenheim

  • Die Aufführungen beginnen jeweils eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang und finden auch bei Regen statt. Empfohlen für Kinder ab zehn Jahren.
  • Zusätzliche Termine und nähere Infos zu den Veranstaltungsorten finden Sie unter: http://theater-anu.de/inszenierungen/schattenwald

Der Wisent – “Wildtier des Jahres 2014″ –  ist nicht nur bedroht oder gefährdet, sondern seit Jahrhunderten in Deutschland ausgestorben! Demzufolge ist das, was zur Zeit im Rothaargebirge in Nordrhein-Westfalen passiert, ein wirklich großes Ding. Denn dort hat man im April 2013 eine zehnköpfige Wisent-Herde ausgewildert. Wenig später kam das erste Wisentkalb zur Welt – und zwar in freier Wildbahn, das heißt in einem bewirtschafteten Wald und nicht im Wildpark! Ein voller Erfolg für die Naturschützer – und zudem ein Touristenmagnet für die Region, denn die Begegnung mit einem der zur Zeit sieben Wisente in freier Natur könnte durchaus zu einem unvergesslichen Ereignis werden – falls man eines der 3 Meter langen und – Schulterhöhe! – 2 Meter hohen, sanften Kolosse in dem riesigen Waldgebiet zu Gesicht bekommt. Damit der interessierte Wanderer und Tierfreund auf jeden Fall auf seine Kosten kommt, gibt es seit einiger Zeit direkt am Rothaarsteig eine zweite Herde auf einem kleineren, eingezäunten Areal von Aussichtsplattformen aus zu bestaunen. Nähere Infos dazu unter http://www.wisent-welt.de
Also: Auf zum Rothaarsteig, der Ausflug lohnt sich!

Der Tanz in den Mai ist vorbei, die Waden sind trainiert – ab sofort kann gewandert werden! Und weil die Deutschen brandaktuellen Studien* zufolge zu den großen Naturliebhabern und Wanderfreunden zählen, fällt pünktlich zum 1. Mai der Startschuss für verschiedenste Wanderaktionen in ganz Deutschland – perfekt für alle, die nicht allein, sondern mit anderen zusammen die Natur erleben wollen!  Rund 1000 Veranstalter und Organisatoren sind dem Aufruf vom Bundesamt für Naturschutz gefolgt und setzen bis zum 30. Juni das Motto „Gemeinsam wandern – Vielfalt der Natur erleben“ in Form von Wanderungen und anderen spannenden Veranstaltungen um. Alle, die wissen wollen, was wann und wo in ihrer Nähe geplant ist, finden unter www.wandertag.biologischeVielfalt.de einen Online-Kalender mit Angeboten, die garantiert die Wanderlust wecken!